Und wieder macht eine neue gesetzliche Regelgung Websitebeitreiber nervös: denn am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft.
Es ist auch kein neues Gesetz, sondern es wurde schon am 16. Juni 2021 verabschiedet und am 28. Juni tritt es nun in Kraft.
Was ist das für eine Regelung?
Was im Gesetz steht, ob Sie davon betroffen sein könnten und was Sie jetzt tun müssen, erfahren Sie hier.
Wir erklären zunächst, was im BFSG konkret steht, wie Barrierefreiheit im Netz aussehen kann und ob Sie sich nun Sorgen machen müssen.
Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) sollen digitale Dienstleistungen und Produkte barrierefrei und für alle zugänglich gestaltet und erreichbar werden.
Damit werden die Vorgaben der EU-Richtlinie 2019/882 – auch bekannt als European Accessibility Act (EAA) umgesetzt.
Es geht also in unserem Kontext darum, in digitalen Medien und im Internet eine Barrierefreiheit und bessere Inklusion zu erreichen, um Menschen mit Einschränkungen die Teilhabe auch an digitalen Angeboten zu erleichtern.
Bin ich davon betroffen?
Für Sie wahrscheinlich die wichtigste Frage.
Für eine erste, rechtlich unverbindliche Einschätzung können Sie hier den BFSG-Check auf der offiziellen Website machen: https://bfsg-gesetz.de/check/ .
Aber wir stellen hier natürlich auch die grundlegenden Voraussetzungen dar.
Grundsätzlich gelten die folgenden Regelungen – wobei wir erst mal mit den beiden Ausnahmen anfangen.
Inhaltsverzeichnis
Disclaimer
Bitte bedenken Sie, dass die hier zur Verfügung gestellten Informationen keine Rechtsberatung oder rechtliche Empfehlung darstellen. Die Informationen auf dieser Website sind allgemeiner Natur und dienen ausschließlich zu Informationszwecken.
Wenn Sie rechtlichen Rat für Ihre individuelle Situation benötigen, sollten Sie den Rat von qualifizierten Anwälten einholen.
Ausnahme 1: Sie sind ein reiner B2B-Anbieter!
Glückwunsch – als Anbieter der ausschließlich im B2B-Bereich tätig ist, sind Sie nicht betroffen.
Aber aufgepasst: Wenn Sie exklusiv an gewerbliche Kunden verkaufen, müssen Sie dies jedoch auf der Website deutlich kenntlich machen und klarstellen, dass Sie nicht an private Verbraucher:innen verkaufen.
Ursache ist, dass zahlreiche Informationspflichten Bestandteil des Verbraucherschutzrechtes sind und beim reinen B2B-Verkauf daher nicht von umgesetzt werden müssen.
Also wichtig für reine B2B-Anbieter – eine deutliche Kennzeichnung und Sicherstellung das B2C Kund:innen nicht bei Ihnen bestellen können, ist Pflicht!
Ausnahme 2: Sie sind auch im B2C-Bereich tätig, aber ein Kleinstunternehmen!
Sie sind von den Regelungen nach §2 Nr. 17 BFSG ausgenommen, wenn Ihr Unternehmen ein Kleinstunternehmen ist. Das ist Ihr Unternehmen, wenn:
- Ihr Unternehmen weniger als 10 Mitarbeitende und einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen € hat!
- Ihr Unternehmen weniger als 10 Mitarbeitende hat und die Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen € beläuft!
Als Kleinstunternehmen sind Sie nicht verpflichtet, Ihre Website an die Vorgaben des BFSG anzupassen.
Warum es Sinn ergibt, sich auch in diesem Fall mit den vorgegebenen Maßnahmen zur Barrierefreiheit zu beschäftigen und diese ggf. auch umzusetzen, zeigen wir im unten.
Sie sind reiner B2C-Anbieter oder adressieren beide Zielgruppen?
Wenn Sie im Netz Ihre Produkte oder Dienstleistungen auch an Verbraucher verkaufen oder darüber informieren, sind Sie auf jeden Fall betroffen!
Dröseln wir das Ganze mal etwas auf.
Vom Gesetz erfasst sind laut BFSG §1 grundsätzlich erst mal folgende Produkte:
- Computer, Notebooks, Smartphones, Tablets sowie deren Betriebssysteme
- Geldautomaten, Fahrausweis- und Check-in-Automaten
- Fernsehgeräter mit Internetzugang sowie Router
- E-Book-Reader
Ebenso fallen auch Dienstleistungen unter das neue Gesetz, nämlich:
- E-Books
- Telefon- und Messengerdienste
- Bankdienstleistungen
- Selbstbedienungsterminals aller Art
- Personenbeförderungsdienste und auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen im überregionalen Personenverkehr
- Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang
- Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr
Automaten, Personenverkehr, E-Books…
…klingt erstmal nicht so, als würde das viele Leute betreffen.
Der wahrscheinlich größte Knackpunkt für Sie ist der elektronische Geschäftsverkehr.
Wenn Sie einen Online-Shop betreiben, dann fallen Sie unter das BFSG.
Wahrscheinlich dachten Sie sich das schon. Aber – sowohl im Sinne des Gesetzes als auch im Sinne der Inklusion – sind Sie auch vom BFSG betroffen, wenn Sie Terminbuchungen, Informations- oder Anfragemöglichkeiten anbieten.
Paragraph 2, Abs. 26 definiert Dienstleistungen als „Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags erbracht werden“.
Das heißt im Klartext: Wenn Sie und Ihr Unternehmen im Netz vertreten sind und dort mit Formularen, Online-Buchungssystemen oder Terminbuchungstools arbeiten – sind Sie betroffen.
Was steht denn nun genau im Gesetz drin?
Das BFSG soll das Internet barrierefreier, inklusiver und zugänglicher machen. Dadurch soll das Recht auf Teilhabe am Leben in unserer Gesellschaft auch im Netz umgesetzt werden.
Das hat, jenseits der Tatsache, dass man damit Menschen etwas Gutes tut, auch ganz handfeste geschäftliche Vorteile für Sie. Diese besprechen wir in unserem nächsten Blogartikel, also bleiben Sie dran!
Das BFSG wurde am 16.07.2021 erlassen und setzt den European Accessibility Act (EAA) vom 17.04.2019 um.
Den Gesetzestext finden Sie hier: https://bfsg-gesetz.de/
Grundsätzlich müssen Sie laut dem BFSG Maßnahmen umsetzen, die Ihre Website barrierefreier machen. „Barrierefrei“ bedeutet, dass Ihre Dienste für Menschen mit Behinderungen „ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar“ sein müssen. Dabei wird die Art oder der Grad der Behinderung bewusst nicht spezifiziert.
Ihre Website oder Ihr Shop muss also für alle Menschen, unabhängig von Art oder Grad der Behinderung einfach zugänglich sein.
Zusätzlich dazu haben Sie die Pflicht, Besuchende Ihrer Website über Ihre Maßnahmen zu Barrierefreiheit aufzuklären.
Hierfür müssen Sie nach Anlage 3 des BFSG über Folgendes informieren:
- eine allgemeine Beschreibung Ihrer Dienstleistung im barrierefreien Format
- Beschreibungen & Erklärungen zur Durchführung der Dienstleistung
- Eine Beschreibung, wie die Dienstleistung die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt
- die Angabe der zuständigen Marktüberwachungsbehörde
Verstöße werden mit hohen Bußgeldern geahndet: von 10.000 bis zu 100.000 € können bei einer Abmahnung fällig werden.
Wenn zudem ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, können Sie zudem nach dem Gesetz für unlauteren Wettbewerb abgemahnt werden. D.h.
Barrierefreiheit im Netz – was ist das überhaupt?
Wenn wir an Barrierefreiheit denken, denken wir meist an Rollstuhlrampen oder Bodenleitsysteme für Sehbehinderte, aber auch im Netz gibt es Barrieren.
Um ein paar Beispiele zu nennen:
- Farbgebung mit wenig Kontrast – für Sehbehinderte schwer zu lesen.
- Texte ohne Vorlesefunktion – für Menschen mit weitgehender Seheinschränkung nicht zu erfassen.
- Audio- und Videoinhalte, die ohne Untertitel für Gehörlose unzugänglich sind.
- Schlecht strukturierter Inhalt, der es z.B. Menschen mit ADHS, Autismus usw. schwieriger macht, sich zurechtzufinden.
- Navigation durch Wischen oder das Bewegen der Maus – für Menschen mit motorischen Störungen schwierig bis unmöglich.
- Flackernde und blinkende Effekte, die Ihre Website für Menschen mit Epilepsie unbenutzbar machen.
Dafür gibt es jedoch Lösungen.
Auf Blink-Effekte kann man im Design z.B. von vornherein verzichten, da sie meist sowieso nur unangenehm auffallen. Ebenso kann man durch gut strukturierte Texte und eine intuitive Navigation sowie das Hinzufügen von Untertiteln viele Beschränkungen vermeiden, bevor sie entstehen.
Viele der genannten Maßnahmen sichern die Barrierefreiheit – aber haben auch eine grundsätzliche bessere Nutzererfahrung und Vorteile bei der Sichtbarkeit für Suchmaschinen zur Folge.
Dazu zählen z.B. Alternativtexte für Bilder (Alt-Text), Untertitel in Videos, Transkripte für Audiodateien oder die Möglichkeit die Website komplett mit Tastaturen zu benutzen (ohne Maus).
Es lohnt sich also aus mehreren Gründen, in diesem Bereich aktiv zu werden.
Für die anderen Punkte braucht es aber auch vielleicht technische Lösungen.
Wir stellen Ihnen hier nur einmal einen kleinen Blumenstrauß an Möglichkeiten vor, mit denen das Netz zugänglicher gestaltet werden kann. Und die als Folge des BSFG notwendig werden.
- Eindeutige Link-Texte die aussagekräftig sind – „Hier klicken“ ist das z.B. eher nicht.
- Kompatibilität mit Vorlesefunktionen & Screenreader – diese erschließen Ihren Content für Sehbehinderte.
Braille-Leser konvertieren Ihren Text direkt in Blindenschrift. - Das hat auch Auswirkungen auf interaktive Elemente (Buttons / Formulare, Navigation).
- Diese müssen von den Tools oben erkennbar sein (siehe Aria-Attribute) und auch bedienbar – also Nutzung der Seite nur mit Tastaturbefehlen.
- Fehlermeldungen müssen verständlich sein – z.B. reicht ein roter Rand um eine fehlende Formulareingabe nicht aus.
- Verwenden von ARIA-Attributen (siehe Erläuterung rechts).
- Übersetzungen in Leichte Sprache machen Ihren Content für alle zugänglich.
- Skalierbare Schrift und anpassbare Farben, die Menschen mit Sehbehinderungen die Nutzung erleichtern, durch Vergrößerung der Schrift oder starke Farbkontraste.
- Überschriften und interne Texthierarchien müssen verständlich sein – eine Überschrift 1 (H1), dann eine / mehrere H2, darunter H3s usw. …
- Bereitstellung einer Barrierefreiheitserklärung –
Was ist ARIA?
Im Kontext des BFSG oder Barrierefreiheit allgemein, sind Sie wahrscheinlich schonmal über die sog. ARIA-Attribute gestolpert. ARIA steht für Accessible Rich Internet Application und ist eine Reihe von Attributen für HTML. Sie versieht HTML-Elemente mit einer Semantik, die für Screenreader und ähnliche Tools nützlich ist.
Grob gesagt erklärt ARIA dem Screenreader, was er gerade im HTML-Code vor sich hat. Der Reader gibt das dann an den Nutzer weiter.
Mehr Informationen finden Sie auf der Seite des Portals Barrierefreiheit des Bundes.
Derartige Umstellungen ziehen aber oftmals noch weitere Änderungen mit sich: So sind Screenreader zum Beispiel auf aussagekräftige Beschreibungstexte und eine durchgängig korrekte Verwendung von HTML und ARIA-Attributen angewiesen. Ebenso müssen Sie in vielen der oben genannten Punkte bereits beim Design Ihrer Website auf Barrierefreiheit achten.
Das BFSG soll jetzt Anstoß geben, hier nachzubessern.
Aber nicht nur das BFSG – einige der genannten Punkte helfen Ihre Website für Suchmaschinen besser auslesbar und damit erfolgreicher zu machen. D.h. ein Investment in das BSFG wird mit hoher Wahrscheinlichtkeit auch auf Ihre Sichtbarkeit im Netz positive Auswirkungen haben.
Eine Checkliste für die Umsetzung der Vorgaben des BSFG finden Sie auch bei unserem Partner eRecht 24.
Muss ich jetzt in Panik verfallen?
100.000 € Bußgeld und gerade mal 3 Monate Zeit für so große Umstellungen – klingt erstmal schwierig.
Und es gibt keinen anderen Weg es zu sagen: Wenn Sie bis jetzt bisher nicht tätig geworden sind, sollten Sie zügig loslegen!
Es gilt der alte Grundsatz: Gestern anfangen ist besser, heute anfangen ist gut.
Grundsätzlich sollten Sie erst einmal prüfen, ob Sie unter die Auflagen des Gesetzes fallen. Einen ersten Einblick gibt Ihnen der oben bereits verlinkte Check.
Bei der Bewertung, ob Ihre Website aus technischer Sicht Optimierungsbedarf zum Thema Barrierefreiheit hat, helfen wir Ihnen gerne. Und natürlich auch bei Korrekturen und Optimierungen.
Wie kann Bunte – Technologie & Kommunikation ihnen helfen?
Wenn Sie keine Zeit und keine Nerven für den Umbau Ihrer Seite haben, wenden Sie sich an uns – wir kümmern uns für Sie darum!
Und auch wenn Ihr Unternehmen nicht unter das BFSG fällt – eine barrierefreie Neugestaltung Ihrer Website ist trotzdem lohnend. Denn: Viele der Maßnahmen verbessern Ihre SEO und damit Ihr Ranking in den Google-Suchergebnissen.
Ebenso verbessern viele Maßnahmen die Nutzererfahrung.
Viele weiterführende Details und Tipps zur Umsetzung der Barrierefreiheit und zum Nutzen für Ihre Sichtbarkeit, erfahren Sie in unseren beiden weiteren, zeitnah folgenden Blogbeiträgen:
- Barrierefreiheit und SEO – 5 Gründe, warum und wie Sie Ihre Website jetzt barrierefrei machen sollten
- Testen der Barrierefreiheit und Maßnahmen zur Umsetzung auf Ihrer Website
Und natürlich entwickeln wir Angebote für die Unterstützung bei der Umsetzung und testen Zusatztools, um den Prozess zu vereinfachen und zu optimieren und die erweiterten Anforderungen der Barrierefreiheit abzudecken..
Dabei greifen wir auf neue Erkenntnisse, aber auch unsere Erfahrungen aus vergangenen Projekten zurück, wo auch die Thematik Barrierefreiheit schon eine Rolle spielte. Hier Beispiele:
- Bei unserem Projekt der Websites der Diakonischen Stiftung Ummeln https://www.ummeln.de/ haben wir folgende Lösungen im Einsatz.
- Hier nutzen wir das bekannte WordPress-Plug-In für Barrierefreiheit WP Accessibility.
Das Tool stellt Teile der Anforderungen für Barrierefreiheit zur Verfügung, u.a. eine Sidebar mit Funktionen zur Erhöhung des Farbkontrastes oder der Schriftgröße. - Außerdem wird diese Website in weiten Teilen auch mit einer Übersetzung in Leichter Sprache angeboten.
- Hier nutzen wir das bekannte WordPress-Plug-In für Barrierefreiheit WP Accessibility.
- Auf unserer Kundenwebsite der Diakonie Halle im Einsatz: https://www.diakonie-halle.de/ haben wir das System von EyeEable für die Ergänzung von Barrierefreiheitsfunktionen eingesetzt.
Wir sind aktuell auch in Gesprächen mit den Anbietern von Lösungen für weitergehende Anforderungen, die z.B. Optionen zur Deaktivierung von Animationen, Aktivierung eines Schwarz-Weiß-Modus, eine Vorlesefunktion, einen Screenreader, Optimierungen für Tastatursteuerung usw. bieten. Wir prüfen die Angebote von EyeAble und DigiAccess.
Beide bieten auch weitergehende Optionen zum Reporting und mehr.
Aktuell präferieren wir eine Zusammenarbeit mit DigiAccess – weil das Tool direkte und konkretere Lösungen sofort umsetzt, während EyeAble seinen Schwerpunkt in der Fehleranalyse und dem Reporting hat.
Als Folge kann und muss dann entsprechend nachgearbeitet werden.
DigiAccess versteht sich als Assistenzsoftware, die viele Defizite auf Ihrer Website nicht nur aufzeigt, sondern auch ohne Änderungen am Quellcode der eigenen Website korrigieren kann.
Elemente wie Screenreader, Vorlesetool und die Anpassungen an die verschiedenen Arten der Einschränkungen, bieten aber beide Tools.

Im Bereich der Barrierefreiheitserklärung prüfen wir gerade die Angebote unseres Partners eRecht24 in diesem Bereich. eRecht24 hat einen eigenen Generator für diese Erklärung und auch schon ein Testtool entwickelt hat, um zu prüfen, ob Sie und Ihr Internetangebot vom BSFG betroffen sind.
Wenn Sie sich jetzt schon um Ihre Barrierefreiheit kümmern wollen, dann setzen Sie sich mit uns in Kontakt: https://www.bunte-tk.de/kontakt.